Liebes Tagebuch.....aus dem Leben eines Bikers

mäc

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Da jetzt gerade die Diskussionen über Lärm, insbesondere auch durch die Masse an Motorrädern in vollem Gange sind, hier mal die aktuellen „Lärm-Empfindungen“ eines Einzelnen aus einer Kleinstadt in NRW, von einem Wochenendtag im Sommer. Er ist Anwohner und Motorradfahrer. Falls man hier dem Schreiber Sarkasmus vorwerfen möchte….geht in Ordnung.

(Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind rein zufällig)

4. Juli 2020
Liebes Tagebuch,
es ist Samstag, ca. 4 Uhr morgens, wobei der Wochentag eigentlich gar keine Rolle spielt. Die kleinen gefiederten Bewohner in den umliegenden Bäumen fangen wie jeden Morgen an lautstarke Diskussionen in ihrer Sprache zu führen, in verschieden Tonlagen und Melodien. In meiner zwangsweisen Wachphase versuche ich eine Struktur in diesen Unterhaltungen festzustellen, vergeblich. Ich stelle mir einige Fragen, unter anderem welchen Sinn dieses Tirili-Posing hat, die Balzzeit ist doch eigentlich vorbei?
Und ist es nicht von Vorteil, bei der Nahrungsbeschaffung oder Jagd auf Insekten und Würmern ruhiger zu agieren? Diese Frage konnte ich mir dann doch recht schnell, trotz Schlaftrunkenheit, selber beantworten: Würmer und Insekten haben ja gar keine Ohren!
Kurz nach fünf kommt der Zeitungsbote, deutlich ruhiger als die Wochen zuvor. Mein Glück, oder aber auch sein Pech, das er vielleicht doch mal in eine Polizeikontrolle geraten ist und er nicht mehr jedem, durch den Auspuff an seinem Golf VI, seine sportlichen Ambitionen mitteilen kann.

Zum Glück wurden meine wirren Gedankengänge, auch auf Grund des günstig stehenden Windes, um Punkt 7 Uhr unterbrochen. Das Glockengeläut unserer Stadtkirchen schafft es doch tatsächlich die Diskussionen in den Bäumen zu übertönen. Klasse so ein Service, obwohl ich schon seit Jahrzehnten keine Steuern mehr für diesen Verein zahle. Andererseits komisch, denn für viele Dinge zahle ich ja Steuern und kann den erhofften Nutzen oder Service teilweise gar nicht anwenden oder erkennen.

Okay, ich finde mich mal wieder damit ab, daß die Nacht wohl um ist. Wenigstens bereitet mir das geniale Wetter gute Laune, das unserem heutigen Plan, mit unseren Motorrädern an einer Demo in Düsseldorf teilzunehmen, in die Karten spielt.
Ich halte die Idee draußen mit frischen Brötchen zu frühstücken für gut und bereite alles vor, um im Anschluss die weiteren zwei Teilnehmer für die Demo zu wecken. Warum können die eigentlich immer noch schlafen, bei dieser Geräuschkulisse? Liegt es etwa an meinem Alter, bin ich sensibler geworden?

Geschafft, alle sitzen am Tisch. Eine Unterhaltung ist allerdings wegen dem Rasenmähereinsatz auf dem direkten Nachbargrundstück vorerst zwecklos. Freu mich schon aufs Intercom während der Fahrt nach Düsseldorf.

Es ist soweit aufsitzen und starten. Wir wollen möglichst viel Landstraße fahren, obwohl wir vormittags mit massiven Doseneinsatz, deren Inhalt zur Nahrungsbeschaffung unterwegs ist, rechnen müssen.

An einer Ampel in Wermelskirchen müssen wir stehen bleiben. Direkt neben uns auf der Linksabbiegerspur steht ein LKW eines Lebensmitteldiscounters. Die Überraschung ist groß und ich kann es kaum glauben, meine Maschine hat wohl doch eine Start-Stopp-Automatik! Als ich erkenne, daß die Balken im Infodisplay auf 1000 U/min stehen, drehe ich ungläubig am Gasgriff. Bei gut 4000 U/min verspüre ich mir bekannte Vibrationen, und ich vernehme dann doch wage den Sound meiner Maschine.

Einige Kilometer später dann vor uns, mitten auf der Landstraße ein Oldtimer-Trecker mit zwei Personen. Beide geschmückt mit Gehörschutz oder auch bekannt als Micky-Mäuse. Bestimmt tragen sie diese Teile, weil sie die lauten Motorräder während den Überholvorgängen nicht ertragen können.

In Düsseldorf am Messegelände angekommen ein begeisterndes, beeindruckendes Bild. Herrlich, diese geballte Ladung von 1- ,2- ,3- und 4-Zylindersound….“Wir sind das Volk“….ach nee, das war was anderes. Erich ist ja weg und hier geht es darum den Hobbit aus Aachen, nein, nicht zu stürzen, sondern zu besänftigen.

Die Pausenfüllermusik und der Sound der immer noch ankommenden Maschinen wird immer wieder durch ein paar startende Flieger vom Düsseldorfer Flughafen übertönt. Das wird uns dann doch zu laut und wir machen uns auf den Heimweg.

Das Thema Motorrad nimmt dann nach gut 5 Stunden ein Ende. Zu Hause angekommen beschließen ich und meine Frau den Rest des Spätnachmittags auf unserer kleinen Terrasse zu chillen. Die Idee von meiner Partnerin zu Beginn der Chillout-Phase einen selbstgemachten Eis-Kaffee zu schlürfen ist einfach genial. Also kurz umziehen und danach ab in die Küche um das Kaltgetränk in Empfang zu nehmen. Aber das, was ich bei Ankunft in der Küche hören muß und nicht direkt zuordnen kann, lässt mich in eine kurze Schockstarre geraten. Wer hätte erwartet, das Eiswürfel in einem Thermomix ähnlich klingen wie das Triebwerk einer startenden Saturn V Rakete. Das hätte man vorher wissen müssen, dann wäre ich bestimmt in einem Katalog für Industrie-Warnschilder fündig geworden, und hätte im Mai ein tolles Geburtstagsgeschenk für meine Frau gehabt, direkt für den Küchen-Eingangsbereich. Ohne diese Warnschilder für solche Lärmbereiche wäre meine Firma vom Gewerbeaufsichtsamt der Bezirksregierung Köln zumindest verwarnt worden.

Mit dem Chillen klappt das leider nicht so ganz, ab Juli ist der Zeitpunkt gekommen um die Hecken zu schneiden. Und wir haben viele Hecken in der Nachbarschaft, verpflichtend als ökologischen Wertausgleich für den Acker auf dem hier alle gebaut haben. Mach ich halt das Beste draus und lege mich mit meinem Smartphone und Kopfhörern in die Waagerechte. Hätte nie erwartet das ich bei den guten alten Stücken von AC/DC bis ZZ Top einschlafen kann. Das es so ist, stelle ich aber erst fest, als mich meine Partnerin anstupst um mir etwas mitzuteilen. Ihre Lippen bewegen sich, ich kann sie aber nicht verstehen. Ich nehme die Kopfhörer aus den Ohren, komisch ihre Lippen bewegen sich immer noch, aber ich verstehe kein Wort. Plötzlich begreif ich es! Unser Nachbar von schräg gegenüber, der Jupp (Name geändert) war scheinbar doch noch erfolgreich und konnte kurzfristig eine Rüttelplatte ergattern, um die Arbeit am frisch gepflasterten Hof, nach dem Splitt Einkehren, zu vollenden.

Es ist spät geworden, es war ein schöner Tag. Noch fahren im regelmäßigen Wechsel gut gelaunte Besucher der naheliegenden Talsperre vorbei und lassen mich bei heruntergelassen Fenstern an ihrem Musikgeschmack teilhaben. Dabei wechseln sie sich mit Wendler-Fischer-Sound-Cabrios, Motorräder und auch Trecker ab, die Heuballen auf den benachbarten Bauernhof bringen.

Bis auf ganz wenige Ausnahmen, weil die Kameraden in ihren Eurofightern wohl ohne db-Eater fliegen, ist es dieses Jahr am Himmel insgesamt ruhiger. Die wenigen Flugzeuge ziehen schnell vorbei nach Köln oder Düsseldorf, brauchen schon länger keine Warteschleifen mehr über unseren Ort ziehen. Bestimmt würden sich deshalb einige Nachbarn bei dem Virus gerne persönlich bedanken, aber nur dafür!

Meinen Ohren geht es gut, meine Nerven liegen nicht blank. Freue mich aufs Bett. Gesagt getan, ich schlafe zufrieden ein…

….ich werde noch einmal kurz geweckt, von dem Milchwagen der nachts im Sommer alle zwei Tage zu dem benachbarten Bauernhof fährt. Aber das zählt jetzt nicht mehr, es ist halb zwei nach Mitternacht und somit ja schon Sonntag. Ja, endlich Sonntag… Dank der kirchlichen Zurückhaltung an diesem heiligen Tag werde ich wohl erst gegen acht aufstehen…
 

EgonDonner

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@mäc du bist ein wahrer Philosoph, wenn ich noch kleine Kinder hätt würde ich Ihnen diese Geschichte jeden Abend zum Einschlafen vorlesen.
Ich nehme Sie auf jeden Fall in meine private Zitatensammlung auf. :icon-study:ZadPhkdD:cool:
 

Faraa

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Junge junge nimm eine mehr oder eine weniger, aber so geht gar nicht :D

Ne spass beiseite, sehr nice geschrieben und echt alles durchn Kakao gezogen. Find ich gut. Ich erwarte für morgen : 5.7.2020 Liebes Tagebuch, heute ..... Also mach dirn Kopf. Wird jetzt meine abendliche Bett Lektüre :D
 

mäc

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@EgonDonner , diese "Gute-Nacht-Geschichte" ist noch nicht mal groß aus den Fingern gesaugt und wenn man die kleinen Kindern erzählt schlafen sie bestimmt schlecht.

@Faraa , nee lass mal, der heutige Tag war nicht so "spannend" gewesen wie der gestrige. Aber vielleicht gibt es ja noch Tagebücher von anderen. :clapping:
 
Zuletzt bearbeitet:

mäc

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Für diejenigen, die den Wahrheitsgehalt des Tagebuchseintrags in Frage stellen, in diesem Fall den letzten Part, hier ein Beweis.... Der Kollege war eben etwas früher unterwegs, während wir noch draußen den lauen Sommerabend genossen haben...(Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind auch weiterhin rein zufällig)

Anhang anzeigen VID_20200718_230125800.mp4
 

Faraa

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Naja hier im harz isses auch nicht besser... durch den starken befall vom borkenkäfer rödeln die havester und die lkws hier gefühlt 24 std....
 

mäc

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Da weiß ich jetzt gar nicht mehr was ich bevorzugen würde... Milchwagen oder Harvester :0207-crazy:....
Hattet ihr nicht ein schönes kleines Paradies am See? Ihr hättet besser da Urlaub gemacht.
 

Faraa

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Ja haben wir, aber Urlaub beginnt da, wo die gewohnte Umgebung endet! Aber dieser Urlaub ist kurios^^ erst Auto versenkt, dann das... bis freitag haben wir noch. Mal gucken obs noch getoppt werden kann :0307-err:
 

EgonDonner

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Donnerstag abend, 13.8.2020

Es ist wieder mal soweit, ein leichtes Stechen hinter der Stirn macht sich bemerkbar und animiert mich dazu, die geistigen Ergüsse der letzten Tage niederzuschreiben.
Samstag, 8.8.2020
Es ist Feiertag. Feiertag? Ganz Deutschland ist am malochen, nur ein kleines Städtchen im Süden leistet Widerstand. Augsburg feiert Friedensfest, ganz allein und wegen Corona geht auch keiner hin. Endlich mal ein Samstag an dem Frauchen und ich gemeinsam frei haben. Was tun mit soviel geschenkter Freizeit? Da, ganz plötzlich ein Geistesblitz, wir sind schon seit Ewigkeiten in keinem Stau mehr gestanden. Voller Eifer wird sinniert wo es denn hingehen könnt, natürlich mit dem Auto und nicht mit dem Moped, sonst fährt man ja wieder am Stau vorbei. Der nächste Geistesblitz, fast schon ein Gewitter könnt man meinen, der Whisky geht zur Neige, außerdem wollten wir ja was zum Forentreffen
mitbringen. 30min später sind wir schon unterwegs, nach weiteren ereignislosen 45min endlich die ersten stehenden Autos auf der Münchner Ostumgehung. Verhaltener Jubel bei beiden. Da muss noch mehr gehen. Also bei der nächsten Ausfahrt runter von der Autobahn, aber die Idee hatten wir nicht allein. Ab durch die Dörfer, eine Baustelle nach der anderen, Umleitungen, Staus an Ampeln, wieder zurück auf die Autobahn bis zur richtigen Ausfahrt und dann im Schleichverkehr Richtung Schliersee, Traktoren, Lkws, Touristen und das obwohl in Augsburg Feiertag ist. Wollten wir das wirklich?
Naja, den edlen Stoff auf dem Moped zu transportieren wollten wir auch nicht.
Den Heimweg haben wir dann auf den Strecken zurückgelegt auf denen wir normalerweise mit dem Moped fahren. Gut, manchmal musste ich mich daran erinnern dass man das Auto nicht mit 45°Schräglage um die Kurven befördern kann, schwitz, aber ging ja nochmal gut.
Sonntag 9.8.
Heute ist wieder Mopedfahren angesagt, aber wohin bei der Hitze.
Plansee passt immer, Freunde haben da seit 30Jahren einen Wohnwagen stehen und waren zudem vor Ort. Schöne Strecke abseits aller Hauptverkehrsadern bis Füssen, dann wollten wir über Nebenstrecken vom Fernpass nach Reutte und von dort entlang des Sees die schönen Kurven geniesen.
Der erste Dämpfer 50m vor der Fernpassstrecke, ich habs andernorts schon erwähnt, die Tiroler.
Steckensperrung für alle Nichtanlieger am Wochenende, mit Security. Umdrehen, nächster Schleichweg, dasselbe Spiel. Also doch auf die Fernpassstrasse. 1km gings gut, dann Stau. Die Fahrbahn so breit dass 2 Pkws nebeneinander passen und trotzdem kleben irgendwie die meisten an der Mittellinie. Bei ständigem Gegenverkehr nicht ganz ungefährlich mit dem Moped vorbeizufahren. Nach 10min dann geschafft und voller Vorfreude Richtung Plansee, aber schon nach ein paar hundert Metern war klar , das wird zäh. Schleichverkehr auch hier, 7km lang, keine Überholmöglichkeit, außer man ist lebensmüde, tja so wird halt der Reifen wieder nur in der Mitte abgenützt.
War trotzdem noch ein schöner Tag, gegen 18.00 Uhr noch 2 Std. Heimfahrt, andere Streckenwahl und kaum Verkehr. Ausklang mit einem kleinen Whisky und ab ins Bettchen. Schnarch, brömmel brumm.
Montag 10.8.
Frauchen muss wieder arbeiten und nach 2 staureichen Tagen denk ich mir, eine kleine Solorunde zum Reifenrundfahren tät nicht schaden. Gedacht, getan, Sommerkombi angezogen und los gehts um 9.00 Uhr. Noch schnell an die Tanke, dann ohne exaktes Ziel die ersten Kurven in Angriff genommen und so gehts weiter, immer mal wieder eine neue Strecke dazwischen, bin ich plötzlich im Allgäu Oberjoch, Riedbergpass, Bregenzerwald, über kleine Strecken Richtung Oberstaufen und dann so langsam wieder Richtung Augsburg. Navi lass ich mitlaufen um die Strecke aufzuzeichnen, brauch ich aber nicht zum fahren da ich die Gegend wie meine Westentasche kenn. Immer wieder ertapp ich mich bei dem Gedanken, dass ein Forumstreffen auch bei uns im Süden mal ganz reizvoll wäre und ich dann den Tourguide machen würde. Um ca. 16.30 Uhr wieder zuhause angekommen, und nach 410km aufgrund der Hitze leicht geplättet.
Dienstag 11.8.
Ruhepause, bisschen Gartenarbeit, Mopedpflege und faul sein.
Mittwoch 12.8.
1. Arbeitstag, keine Lust mit dem Moped zu fahren, also nehm ich das Fahrrad. Herrlich die frische Morgenluft, gemütliches Tempo, im Geschäft angekommen dann doch leicht angeschwitzt. Muss am Wetter liegen, oder war ich in letzter Zeit doch zu bequem? Egal, kurz unter die Dusche und frisch ans Werk. Am Abend gabs Kaiserschmarrn mit Zwetschgen und Marillenkompott aus eigener Herstellung.
Donnerstag 13.8.
2. Arbeitstag, ereignislos, somit eigentlich nicht erwähnenswert, aber notwendig weil die Chronologie der Ereignisse sonst verloren geht. Abendessen mit gefüllten Paprika und dann die laue Abendluft auf der Terrasse genießend im Forum gestöbert. Während des Stöberns kam mir der Gedanke, dass ich die liebe Gemeinde mal wieder mit meinen Unendlich langweiligen Gedanken nerven könnte und hab die paar Zeilen geschrieben. Jetzt um kurz vor 10 ist Schluss mit dem Gelaber.
Guads Nächtle und bis bald.
 

V6 Rußexpress

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Hab mich schon den ganzen Morgen gefreut alles zu lesen, jetzt ist Mittagspause.
Sehr schön geschrieben :daumen:, auch diese Erlebnisse können bestimmt alle Leser vollkommen nachvollziehen, und man stellt sich bei den in der letzten Monaten geführten Diskussionen unwillkürlich die Frage, wer oder was hier das wirkliche Problem ist.

... und dann die laue Abendluft auf der Terrasse genießend im Forum gestöbert. Während des Stöberns kam mir der Gedanke, dass ich die liebe Gemeinde mal wieder mit meinen Unendlich langweiligen Gedanken nerven könnte und hab die paar Zeilen geschrieben.
Dafür sind Tagebücher doch da, um Gedanken festzuhalten.....die meisten Gedanken sollten aber eigentlich unter Verschluß bleiben. Ein Freund von mir hat furchtbaren Ärger mit seiner Frau bekommen, weil er in sein Tagebuch notiert hat, das seine Frau viel zu neugierig ist .... :argue:
 

Usher

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Die Woche aus dem Leben eines Bikers...
-Spoileralarm- es wird nicht viel mit Moppeds zu tun haben, aber irgendwie doch^^

Sonntagabend, 23:55:
Liebes Tagebuch...
Ich habe gerade Abendbrot gegessen und rauche gerade meine Verdauungszigarette.
Ich rauche. Ich rauche viel, leider. Seit 17 Jahren ununterbrochen. Stressbedingt, aber auch aus Langeweile. In Spitzenzeiten 1,5 bis 2 Schachteln pro Tag. Aktuell liege ich bei etwa 15 Zigaretten pro Tag. Immerhin.

Montagmorgen, 00:10:
Liebes Tagebuch...
Ich gehe ins Bett, die Nacht wird vermutlich zu kurz. Mal wieder. Ich sollte mir angewöhnen einfach schneller zu schlafen:boredom:

Montagmorgen, 06:20:
Liebes Tagebuch...
Ich möchte noch schlafen. Ich will eine rauchen. Ich hab Hunger. Ich will nen Kaffee!
Stattdessen aber beziehe ich gerade ein neues Zimmer. Ich darf mich jetzt einmal nackig machen und ins OP-Hemd schlüpfen. Ich befinde mich auf der zweiten Etage in einer Klinik in Düsseldorf.

...Düsseldorf... meiner Familie im Osten erkläre ich immer: "Das ist das Berlin Zehlendorf von NRW. Wenn du im normalen Leben denkst 'Yes. Ich fahre einen Porsche. Ich habe es zu etwas gebracht!', zählst du in Düsseldorf damit gerade mal zum unteren Teil der sozialen Mittelschicht."
Man sieht in Düsseldorf eine junge Frau in einem Porsche Boxster? Ganz klar: sie ist das Au-Pair-Mädchen in der Famile. Für die eigene Tochter muss es Mindestens ein 911er Cabrio oder ein Range Rover sein.
Ich schweife ab...

Ich sitze auf dem Bett und warte. Die Schwester kommt, nimmt meine privaten Gegenstände entgegen und fragt mich nach meinen Namen, wann ich geboren wurde und was bei mir gemacht wird. Ich antworte entsprechend und frage nach der Leck-Mich-Am-Arsch-Pille. Zur Antwort bekomme ich nur, dass ich diese gleich noch erhalten werde.
Während ich weiter warte, denke ich über das Forentreffen nach. "Rein theoretisch ist bis dahin alles verheilt. Darf nur nichts schief gehen." rede ich mir ein.

Es ist jetzt etwa 07:25. Der Pfleger kommt um mich und meinen fahrbaren Untersatz zu holen und fragt mich nach meinen Namen, wann ich geboren wurde und was bei mir gemacht wird. Ich antworte entsprechend und frage ihn nach der LMAA-Pille. Ich bekäme sie gleich unten. Na gut...
Es sind bereits wieder über 30°C. Ich denk mir nur "ach ich komm von drüben. FKK is normal für mich. OP Hemd erstmal wieder aus, Decke über die Hüfte. Muss reichen."
Im Vorraum des OPs auf Etage 0 angekommen, warten dort ein Mitt-50'er Herr und eine slawische Schönheit (alleine schon wie sie das R gerrrrrrollt hat...) in ihren eigenen Betten. Ich sehe, dass ihre Mutti ihnen die gleichen Klamotten rausgelegt hat wie mir. Partnerlook.
Die beiden unterhalten sich über Klimaanlagen. Ich liege da und hoffe auf die baldigste Ankunft meiner LMAA-Pille.
Die slawische Schönheit schaut zu mir rüber und meint "Ich bin schon neidisch auf Sie. Sie können da bei der Wärme so luftig liegen."
Ich wittere meine Chance und meine mit sanfter Stimme "Ich komme aus einer sehr tolleranten Familie. Ich möchte Ihnen da keine Vorschriften machen. Wenn Sie also für Ihr Wohlbefinden ablegen wollen, dann stört mich das nicht."
Sie schaut irritiert. Hat also nicht geklappt. Das Gespräch war dann überraschenderweise beendet:pardon:

Mittlerweile sind auch alle aktiv Beteiligten bereit. Ich werfe mein Hemd über und laufe in den OP.
Der Pfleger eskortiert mich und fragt mich nach meinen Namen, wann ich geboren wurde und was bei mir gemacht wird. Ich antworte entsprechend. Meine Frage an den mich begleitenden Pfleger nach der LMAA-Pille... Ratet mal, richtig. Als Antwort kommt "gleich".
Ich betrete den OP und lege mich auf die Liege. Ich frage nach der LMAA-Pille. Die Antwort: "das lohnt sich jetzt auch nicht mehr. Hätten wir eher machen sollen"
...oooookay:scratch-one-s-head:

Die Narkoseärztin kommt. Sie stellt sich vor und fragt mich, völlig unerwartet, nach meinen Namen, meinem Geburtstag und was bei mir gemacht werden muss.
...einige von euch kennen mich schon privat. Für die anderen: ich bin ein nüchterner Prozessingenieur:book1:
Ich, ohne LMAA-Pille, ohne Kaffee, ohne Nikotin, dafür aber gefühlt mitten in der Nacht: "Ich bin etwas irritiert über die Kommunikationskette hier in der Klinik. Es wirkt nicht vertrauenserweckend, wenn mich hier jeder fragt, wie ich heiße und was gemacht wird. Sollten Sie das nicht wissen, wenn ich hier vor Ihnen liege?"

Sie war freundlich und hat mir erklärt, dass dadurch nur Verwechslungen mehrfach abgesichert ausgeschlossen werden. Gleich danach setzte sie mir die Maske auf die Nase und meint "jetzt kommt erstmal nur Sauerstoff". Ich denke mir nur "jaaaa genau", fange an zu atmen und zähle (wie ich es von früheren OPs kenne) langsam bis 10.
In der Regel komme ich nie bis zur 3:0307-err:
Bei der 10 angekommen, merke ich, dass ich noch wach bin. Ich höre wie die Ärztin einem Assistenten erklärt "[...]wenn der Patient dann in der Narkose ist..."
...Ich unterbreche indem ich sage "Ich bin jetzt bei 10 angekommen. Der besondere Sauerstoff ist irgendwie nicht okay."
Sie weißt jemanden an, irgendwas heraufzusetzen.

Ab hier ging die Party erstmal ohne mich weiter.

Wieder bei Bewusstsein, wird mir erklärt, dass ich mich nun im achten Stock im Patientenzimmer befinde.
Mein Gesicht ist gefühlt völlig zerstört... Ich, weiterhin völlig stoned, frage die Schwester, ob sie mir sagen kann, ob alles gut gelaufen sei. Sie gibt mir zur Antwort, dass sie mir nicht sagen dürfe, was der OP-Bericht sagt, da sie nicht die operierende Ärztin ist.

Es wird Mittag. Während ich in Fötushaltung kaum Luft bekommend in meinem Bett kauere und mich am Ohr kratze (es juckt wie wild), bringt jemand das Mittagessen rein.
Ich erinnere mich... Im Essensplan hatte ich die Wahl zwischen Fleisch oder vegan. Ich wählte das Rinderhacksteak.
Ich richte mich auf, freue mich auf ein geiles Essen. Nehme den Deckel ab und sehe ein veganes Auberginencurry auf bunter Getreidemischung:happy3:
Weiterhin leicht stoned und etwas emotional belastet, rufe ich die Schwester.
Sie betritt den Raum und fragt was los sei. Ich erkläre ihr, dass "[...]hier ein veganes Gericht steht und ich befürchte, dass jetzt irgendwo hier auf der Etage ein Veganer oder Inder Fleisch essen müsse und das möchte ich ungern verantworten."
Hat nicht geklappt. Es gab kein Fleisch mehr für mich.:eusa-wall:

So vertrieb ich mir meine Zeit weiter in Fötushaltung auf das zu warten, was denn da noch kommt.
Mittlerweile ist es etwa 15:00. Schichtwechsel.

Die Schwester der Spätschicht kommt rein. Sie ist das volle Gegenteil der Frühschichtschwester. Wie das? Sie ist sehr nett!
Sie schaut mich an und meint: "Wie geht es Ihnen?"
Ich antworte: "Ich weiß es nicht. Können Sie mir was sagen?"
Sie antwortet: "Ich mache nur kurz meine Runde zu Ende, dann nehme ich mir die Zeit und mache Sie auch sauber."
Ich bedanke mich und sie verlässt den Raum. Ich schnappe mir mein Handy und aktiviere die Frontkamera. Hui... Ich wusste gar nicht, dass man so viel Blut im Gesicht haben kann:blink:

Als sie dann nach etwa 30 Minuten wieder kam, hab ich sie gefragt, ob sie mir sagen könne, was nun das Ergebnis sei. Basierend auf der Morgenkonversation fügte ich direkt an "Ich weiß, dass sie keine Ärztin sind. Aber falls sie den OP-Bericht gelesen haben, können Sie mir doch einfach nicht zitierfähig beschreiben, was sie hier gerade sehen."

Ich erfuhr dann, dass die Septumdeviation durch plastische Rekonstruktion unterstützt von Transplantation körpereigenen Materials erfolgreich war.
...oder auf Deutsch: die haben mir einmal die Nase neu gemacht und als ihnen das Material ausging, haben sie sich in meinem Ohr bedient und mich zu nem halben van Gogh gemacht:xxarcade:

Das erklärt auch wieso mein Ohr so juckt an dem ich vorhin noch ganz mutig gekratzt habe:blush:
Egal... Stunden vergingen, Schlaf blieb aus, Tage vergingen...


Dienstagabend, ca. 19:00:
Liebes Tagebuch...
Während ich am Fenster stehe, die Ruhe genieße und auf die Skyline von Düsseldorf schaue:
20200810_180547.jpg
...sehe ich einen Porsche auf der Brücke entlang fahren und denke mir nur "deine Armut kotzt mich an!"

Meine Gedanken über den spontanen Erwerb eines Boxster S (!)...

1597405743815.png

...werden von der Schwester unterbrochen.
Sie bringt einen älteren, arg verstimmten Herren herein. Einzelzimmerruhe... machs gut.
Ich erkenne, dass er als Notfall ins Krankenhaus kam. Die Schwester verlässt den Raum. Er, auf dem Bett sitzend, schaut genervt in meine Richtung.

Ich denke mir nur "boah das kann ja was werden!"

Und wieder einmal hat sich gezeigt: die Dinge sind nicht wie sie auf dem ersten Blick erscheinen.
Im Gegenteil, der erste Eindruck ist oft fürn Arsch!
Ich sehe seine Tasche und erkenne einen SW-Motech Tankrucksack. Ich spreche ihn darauf an und wir kommen ins Gespräch. Stück für Stück wird er etwas lockerer.
Er fährt eine fast neue Z900 und eine 20 Jahre alte ZZR 600. Ein sehr toller Zimmernachbar, der vieles erlebt hat.

Mittwochmorgen, ca. 08:00:
Liebes Tagebuch...
Eben kam der Chefarzt rein, und hat mir die Tampons aus der Nase geholt. Er schaut mich an und erlaubt mir nach Hause zu gehen. Endlich:hello2:
Dem Z900 Reiter alles Gute wünschend und sich beim Pflegeteam bedankt, verlasse ich das Krankenhaus so schnell es geht.

Donnerstagmittag, ca 12:15:
Liebes Tagebuch...
Heute gehts zur Nachkontrolle. Da wird genau geguckt.
Der Arzt schaut mich an, sieht sich meine Wunden an und stellt fest "da haben se aber ne ganz schöne Mosaikwand bekommen." Kurz danach nahm er seinen Miniaturstaubsauger und war beim Einführen des selbigen genauso offensiv unterwegs, als würde er für Vorwerk arbeiten und anpreisen wollen, in welche entlegendsten Ecken er damit kommt. Gefühlt gings bis ins Gehirn:0207-crazy:

Freitagnachmittag, ca. 14:00:
Liebes Tagebuch...
DIe Wundheilung in der Nase und am Ohr schreitet gut voran. Einen Moppedhelm aufsetzen? Im Moment undenkbar und die Fäden werden frühestens übernächste Woche gezogen.

Weitere Vorhaben in den kommenden Tagen:
...Daumen drücken, dass fürs Forentreffen der Helm wieder passt.
...ach ja... und seit über 100 Stunden nicht mehr geraucht. Beibehalten wär cool
 

Tinschn

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Toll geschrieben! :good:
Daumendrücker für den weiteren Heilungsprozess!
 
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Gelöschtes Mitglied 769

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Echt, super geschrieben!!!weiterhin gute Besserung :drinks::good:
 

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Gute Besserung und einen schnellen Heilungsprozess! Mega geschrieben. Am besten hat mir das mit der slawischen Schönheit und der Toleranz in deiner Familie gefallen...:daumen:
 
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